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Sonntag, 6. Juni 2010

Ich starb durch deine Worte in deinen Armen…

Ich hörte eine Woche nichts von Frank. Keine Nachricht, kein Anruf. Irgendwann schrieb ich ihm: „»So, mach Platz in deiner Wohnung, ich werde kommen!“«
Komischerweise dauerte es keine fünf Minuten, bis die Antwort von ihm kam: „» Hallo du, wir sollten vorher darüber noch mal reden, denke ich!“«
Ich setzte mich auf mein Sofa und las die SMS immer und immer wieder. Das klingt aber komisch, dachte ich.
Am Abend telefonierten wir, als wäre nie was gewesen. Ich erzählte ihm von der Feier und dann irgendwann von meinem Termin in der Klinik. Er fragte mich, weshalb ich wieder in die Klink müsste und warum nach Düsseldorf? Ich sagte ihm, dass ich den Arzt kennen und ihm vertrauen würde. Ich wolle endlich wissen, was mit mir nicht stimmt. Ich erzählte ihm auch, dass der Verdacht auf Leukämie bestehe. Stille.
„»Hallo, bist du noch dran?“«
„»Ja, bin ich. Seit wann weißt du das? Warum hast du nichts gesagt? Ich wünsche dir alles Gute und Kraft!“«
„»Hallo? Es besteht nur der Verdacht, ich muss noch nicht sterben.“«

Nach diesem Telefonat verging eine Woche. Eine lange Woche, in der sich die Gedanken „»Frank“« & „»Krankenhaus“« abwechselnd die Hand gaben. Der Zustand, die Angst, dieses Hin- und Hergereiße machten mich fertig. Es zerfraß mich, in kleinen Stücken, und ich wusste nicht mehr, was schlimmer für mich war? Sterben … oder sterben …?
Ich saß spät am Abend noch im Büro, als ich die Email von Frank bekam:
“»Wir müssen reden, es gibt was zu sagen!“«
„»Wir müssen reden … es gibt was zu sagen“«, las ich sie mir noch mal laut vor. Wieder dieses Stechen in der Herzgegend.
„»Wann hast du denn Zeit und worum geht es?“«
Er antwortete: “»Nächste Woche, ich komme zu dir.“«
„»Gut, und worum geht es?“«
Ich bekam keine Antwort. Ich versuchte ihn telefonisch zu erreichen, aber er ging nicht ans Telefon. Ich schrieb ihm, dass ich wissen möchte, was los ist, und er endlich mit mir reden solle. Aber es kam nichts zurück. Ich rief meine Schwester an. Mir war klar, was er sagen wollte. Sie versuchte mich zu beruhigen, aber diesmal gelang es ihr nicht!

Ich fuhr nach Hause, wie betäubt. Es quälten mich die Fragen und dass ich keine Antwort darauf bekam. Ich zog mich zurück, wollte nichts hören und sehen. In mir stieg die Wut hoch. Was zum Teufel bildet dieser Mensch sich ein? Erst ließ er nichts von sich hören und dann machte er per Mail einen Termin fest und verschwand wieder im Untergrund!
Eine Woche sollte ich nun warten? Der spinnt doch. Ich schrieb ihm meinen Frust per SMS, aber es kam nichts zurück.
Nach dem Wochenende zählte ich nicht mehr die Tage, sondern die Stunden. Ich fuhr ins Büro und besuchte die Kunden. Mein letzter Kunde an diesem Tag wohnte in Pinneberg, das lag direkt auf dem Heimweg. Ich freute mich schon auf den Feierabend. Auf dem Heimweg bekam ich eine Nachricht auf mein Handy. Sie war von Frank, er wollte mich heute schon sehen. Na toll, dachte ich. Zwei Tage früher als geplant. Okay, ich schrieb ihm, dass ich gegen 21 Uhr zu Hause sein würde.
Mein Magen verdrehte sich und in meinem Kopf waren ganz viele Fragen. Ich parkte mein Wagen direkt vor meiner Tür, Frank war noch nicht zu sehen. Ich machte mir einen Cappuccino und rauchte eine nach der anderen.

Dann sah ich die Scheinwerfer von seinem Wagen. Mein Herz schlug bis zum Hals. Ich ging erst zur Tür, als er klingelte, und stand nicht schon wartend, lächelnd in der Tür, um ihn zu empfangen. Ich öffnete und unsere Blicke trafen sich. Bingo, wieder voll ins Herz. Er lächelte und umarmte mich. Er gab mir einen Kuss auf die Wange, was mir alles sagte. Wir gingen ins Wohnzimmer. Während er mich fragte, wie es mir ging, zündete ich die Kerzen an. Ich sagte ihm, dass es mir nicht besonders gut ging, wenn er sich einfach nicht meldete, und dass die Art und Weise mir überhaupt nicht gefiel! Ich sagte ihm, dass ich stinksauer war! Dabei drehte ich mich zu ihm um und bemerkte den erschrockenen Blick. Ich setzte mich zu ihm und er sah mich an. Ich war unerwartet cool und hatte mich gut im Griff.
Er holte Luft und fragte mit ruhiger Stimme, was ich für ihn empfinden, was ich über uns denke und wie ich mir unsere Beziehung vorstelle würde. Ich sah ihn eine Weile an, bevor ich antwortete. Ich hatte mir fest vorgenommen, diesmal ganz offen und ehrlich zu sagen, was er mir bedeutete. Ich wollte alles beim Namen nennen, nicht wieder ausweichen!
Ich lehnte mich zurück und holte tief Luft. Dann sah ich an und zeigte ihm meine Seele. Ja, klingt komisch, aber ich öffnete mich und erzählte und sagte ihm alles, was mich belastete, freute, dass ich ihn vermisste und bei ihm sein wollte. Ich sagte ihm auch, was er mir bedeutete. Dann fing er an zu weinen. Ich sah ihn an, fragte, weshalb er jetzt weinte. Mit gesenktem Blick antwortete er:“ »Weil ich ein Arschloch bin!“«
„»Bitte? Was meinst du damit? Warum sagst du das?“«
Er sah mich an. Die Tränen liefen ihm übers Gesicht. Er holte Luft und sagte: „»Ich bin ein Arschloch, weil ich in zwei Wochen mit einer anderen Frau nach Nizza fliege!“«

Ich sagte nichts mehr, sah ihn nur an. Der Knall rauschte in meinen Ohren … Das, was er sagte, hallte nach, immer und immer wieder. „»Mit einer anderen Frau? Was soll das? Was erzählst du mir hier? Sag mir, dass das nicht stimmt!“«
Er sah mich an und weinte noch immer. „»Doch, Chiara, ich fliege mit ihr nach Nizza!“«
„»Wer ist das? Ist es Kirsten? Woher kennst du sie, seit wann?“«
Mir fiel der Traum ein, den ich im August hatte. Ich hatte das Gefühl, ich bekomm keine Luft, ich sprang auf und lief nach oben ins Schlafzimmer. Dort sah ich aus dem Fenster und rannte runter in die Küche. Ich musste laufen, keine Ahnung, wohin, einfach nur vor dem Schmerz weglaufen. Auf dem Weg ins Wohnzimmer stolperte ich über seine Schuhe. Wie von Sinnen nahm ich sie und feuerte sie quer durchs Wohnzimmer. Ich glaube, ich hatte ihn getroffen.
„»Raus, ich gebe dir jetzt drei Sekunden, um das Haus zu verlassen!“«
„»Chiara, warte bitte. Lass mich erklären!“«
„»Raus, halt den Mund, ich will nichts mehr hören. Geh einfach!“«

Er stand auf, und während er ging, versuchte er, sich die Schuhe anzuziehen. Ich nahm seinen Rucksack und warf ihm den hinterher. Dabei flogen Zahnbürste und Klamotten raus. Ich traute meinen Augen nicht, hatte er sich etwa eingebildet, dass er über Nacht bleiben durfte, nachdem er mir so was erzählt hatte?

Er stand in der Tür und sah mich an: „»Chiara, bitte. Lass uns reden.“«
Ich drückte die Tür zu und ihn damit aus meinem Haus raus. Dann lief ich ins Wohnzimmer, weinte und schrie, aber der Schmerz ging nicht weg. Ich setzte mich neben die Haustür auf die Treppe. Ich rief meine Schwester an, aber es lief nur der AB. Durch das kleine Fenster in der Diele konnte ich Frank in seinem Auto sehen. Seinen Kopf stützte er am Lenkrad ab. Ich ging raus zum Wagen und riss die Beifahrertür auf.
„»Du sollst fahren, hab ich dir gesagt! Geh, hau ab!“«
Er weinte noch immer . Dann startete er den Wagen und fuhr ganz langsam an, sah mich an und sagte:“ »Ich kann es nicht, ich kann jetzt nicht fahren!“«

Ich drehte mich um und ging zurück ins Haus. Ich weinte, konnte es nicht stoppen. Der ganze Körper schüttelte sich.
Ich hatte so viele Fragen, aber seine Nähe konnte ich nicht ertragen. Der Schmerz bohrte sich ganz tief …

Als ich aus dem Fenster sah, war er nicht mehr da. Er war gefahren. Nun packte mich die Angst. Ich schickte ihm böse SMS hinterher. Dann eine liebe, dann rief ich ihn an. Fragte, wo er sei. Er sei auf der Bundesstraße Richtung Rendsburg. Ich sprang ins Auto fuhr ihm nach.
Ich raste wie eine Irre hinter ihm her, schrieb eine SMS, dass er warten sollte.
Wir trafen uns in tiefer Nacht auf der Bundesstraße. Ich parkte hinter seinem Wagen und wartete. Er stieg aus und kam ganz langsam auf mein Auto zu. Wir sahen uns durch die Autoscheibe an. Dann stieg er ein. Wir sahen stumm aus dem Fenster, unsere Tränen waren leise. Ich versuchte, einen Satz zusammenzustellen, was mir aber nicht gelang. Es kam nur das Wort „»Warum“« über meine Lippen.
„»Ich weiß es nicht, Chiara. Vielleicht, weil ich feige bin, ich vielleicht Angst habe vor der Verantwortung für deine 4 tollen Mädchen? Ich weiß es doch auch nicht. Wenn ich doch nur mehr Zeit gehabt hätte. Diese blöde Nizzareise. Warum muss sie ausgerechnet jetzt sein?“« Ich schüttelte den Kopf, verstand nicht, was er mir damit sagen wollte. Irgendwie verstand ich überhaupt nichts mehr.

Wir standen eine Weile am Straßenrand. Aber es änderte nichts an der Situation. Ich fuhr wieder nach Hause. Schlief die ganze Nacht nicht. Wirr schickten uns mehrere SMS, und er schrieb immer wieder: “»Es ist noch nicht zu Ende, nichts endgültig!“«

Am nächsten Tag fuhr ich ins Büro. Ich sah nach der Nacht nicht gerade aus wie das blühende Leben. Ferngesteuert setzte ich mich an meinen Schreibtisch. John sah mich an, und als er wissen wollte, was los sei, fing ich an zu weinen und erzählte ihm alles ohne einen Namen zu nennen. John schickte mich nach der Mittagspause nach Hause. Ich fuhr auch, aber nach Flensburg. Ich schlich um seine Wohnung in der Hoffnung, dass ich „»SIE“« sehen würde. Dann rief ich Andi an. Er wohnte seit kurzem in Flensburg. Ihm weinte ich die ganze Nacht die Ohren voll. Den Morgen danach fuhr ich wieder nach Hause.

Die »30« klopft an meiner Tür!

Der 2te Oktober war da und er fing schon blöd an. Ich packte wie immer meine Sachen in der letzten Minute und war voll im Stress. Im Radio wurde dauernd von dem Megastau vor dem Tunnel berichtet. Ich ahnte Böses. Ich stieg also um 14 Uhr in meinen Wagen und fuhr Richtung Hamburg. Unterwegs rief ich Biggi an, die sich auch schon auf den Weg gemacht hatte. Um 19:30 Uhr sollte die Feier beginnen, das würde ich locker schaffen.

Von wegen, denn um 16 Uhr stand ich im Stau und es ging nichts mehr. Ich spürte meine Blase und es gab keine Toilette in der Nähe. Es war bombenheiß und das im Oktober. Um 17 Uhr rief mich Biggi an, sie sei gleich da und fragte, ob ich auch schon da sei. Ich lachte: „»Nein , kann noch nicht mal den Tunnel sehen. Stehe mitten im Stau und drehe gleich durch!“«
Sie beruhigte mich und wir schätzten, dass ich gegen 18 Uhr im Hotel sein würde. Mein Handy piepte, eine SMS. Ich wusste, dass die von Frank sein und er absagen würde. Und so kam es dann auch.

„»Hi Süsse, ich werde heute nicht nach Hamburg kommen, mir geht es nicht gut und ich muss noch eine Menge überlegen. Wünsche dir viel Spaß, denk an dich und awg“«(alles wird gut)!

Ich warf das Handy auf den Beifahrersitz und fing an zu pöbeln, und es war mir egal, was der Typ neben mir im Wagen dachte. Ich drehte die Musik lauter und bekam mich nicht wieder ein. Dann beschloss ich, an der nächsten Abfahrt raus zu fahren, irgendwo eine Toilette zu suchen und dann wieder Richtung Heimat. Mir war die Freude auf die Feier vergangen, ich wollte alleine sein und mich betrinken. Ich nahm mein Handy, schrieb Biggi eine SMS und versuchte dann krampfhaft, auf die rechte Spur zu kommen. Aber es ließ mich niemand durch, hatten alle Angst, dass sie noch länger im Stau stehen mussten? Es dauerte nach dem Absenden der SMS keine Minute, da klingelte mein Handy. Ich nahm ab und: „»Sag mal, spinnst du jetzt? Du wirst ja wohl weiterfahren. Wir warten hier auf dich, egal, wie lange es dauert. Hast du verstanden? Du hast doch morgen Geburtstag, wir wollen mit dir reinfeiern und das wird nicht gehen, wenn du wieder nach Hause fährst. Was ist denn mit dir los, Chiara?!«

Biggi klang besorgt. Ich sagte ihr, dass ich weiterfahren würde, obwohl ich keine Lust mehr hatte und alles dafür tun würde, mit einem Knall zu Haus zu sein, in meinen vier Wänden.

Um 18 Uhr 30 fuhr ich auf den Parkplatz des Hotels und Biggi saß auf ihrem Wagen und hatte tatsächlich gewartet. Sie nahm mich in den Arm und drückte mich, das tat gut. Es ist doch schön, so eine Freundin zu haben. Wir gingen zusammen ins Hotelzimmer und machten uns fertig.

Ich weiß nicht wie, aber wir hatten es geschafft, vier Leute (davon war eine Person männlich) in einem Einbettzimmer salonfähig zu machen, inkl. Perücke und das in einer ¾ Stunde. Wir warfen alle noch schnell einen Blick in den Spiegel und los ging es.

Die Feier fand im alten Museum in Hamburg statt und die Firma scheute keine Kosten, so wie das hier aussah! Fast wie eine Filmkulisse … Im Salon angekommen, wurden wir schon von unserem Noch-Gebietsdirektor begrüßt. Ich glaube, zu diesem Zeitpunkt wussten nur wenige, dass er bald gehen würde. Ich sah ihn an und er mich und ich spürte, dass er wusste, was ich weiß. Ich lächelte und ging weiter. Ich traf John, er sah umwerfend aus. Ja, wenn er nicht schon vergeben wäre ... aber leider war er es. Er nahm mich zu Begrüßung in den Arm, völlig untypisch für ihn und mich. Wir gaben uns nicht mal die Hand, wir hatten beide immer darauf geachtet, dass wir einen Sicherheitsabstand einhielten. Er sah mich von oben bis unten an und lächelte: “»Klasse, sieht toll aus. So was solltest du mal im Büro tragen!“« Dann zwinkerte er mir zu … ich lächelte und ging weiter zu Biggi.
Sie stand mit Martin und einigen anderen zusammen und unterhielt sich. Ich fühlte mich nicht wohl, wollte noch immer nach Haus. Ich setzte mich etwas abseits des Geschehens und beobachtete die Leute um mich herum. Ich fragte mich, was ich hier tat. Warum war ich hier? Dann wurden wir aufgefordert, uns an unsere Tische zu setzen. Wir betraten einen riesigen Saal. Die Tische waren alle in hellen, schweren Tüchern eingehüllt. Große Kerzenleuchter standen auf den Tischen und es war festlich gedeckt. Eine Jazz-Kappelle spielte leise im Hintergrund … wir staunten und waren alle begeistert.

Ich saß mit John und Martin an einem Tisch. Ohne dass ich es bemerkte, kippte ich mir den Wein rein. John sah mich fragend an, sagte aber nichts. Martin hatte wieder seinen mahnenden Blick, und ich wusste ganz genau, was die Stunde geschlagen hatte. Während des Essens unterhielten wir uns und lachten viel. Ich natürlich auch, wurde durch den Wein ja immer lustiger. Wir erzählten, wie wir versuchten uns in die engen Kleider zu pressen. Aus irgendeinem Grund sagte ich zum Kollegen, dass ich dicke Bäuche nicht mochte, weder bei Frauen noch bei Männern. Diesen Satz hatte ich noch nicht zu Ende gesprochen, da rief Martin quer über den Tisch:“ »Chiara, es kann sich nicht jeder eine Bauch OP leisten!“« Und dabei sah er mich sehr wütend an. Ich sagte nichts, stand auf und ging zum Tresen:“ »Einen doppelten Wodka bitte!“«

Ich setzte das Glas an und kippte den Inhalt komplett in mich hinein. Drehte mich um und bestellte noch einen. Der Tresen füllte sich langsam, nach dem guten Essen brauchte man nun einen Verteiler. Es kamen einige Kollegen auf mich zu und begrüßten mich, man hielt Smalltalk, was mir gar nicht lag. Ich hasste überflüssiges Gerede, aber ich ließ es über mich ergehen.
Ich lächelte höflich und unterhielt mich über die neuen Produkte und die Zielsetzung für 2004. In meinem Kopf saß Frank, was er jetzt wohl machte? Ob er mal an mich dachte? Ich merkte, dass ich traurig wurde und mir die Tränen in die Augen schossen. Da sah ich Jan auf mich zukommen. Er war in Franks Team. Er lächelte und umarmte mich. „»Hallo, na, wie geht es dir? Alles klar? Hast du was von meinem Chef gehört? Er soll wohl heute Mittag erst abgesagt haben, weil er krank sei.“«
Ich nickte. „»Ja, das habe ich auch gehört. Was hat er denn?“«
„»Du, keine Ahnung, vielleicht einfach nur keine Lust?“« Ich unterhielt mich noch ne Weile mit Jan und ging dann los und suchte Biggi. Manno, mir war gar nicht gut. Der Wein und der Wodka machten sich bemerkbar. Ich ging ganz langsam wieder zurück zum Tisch, an dem Biggi auch noch saß.

Sie sah mich verwundert an: „»Sag mal, was hast du denn gemacht? Bist du irre? Du kannst dir doch hier nicht so die Kanne geben, spinnst du?“«
Ich mochte sie gar nicht ansehen, davon ab wäre ich auch nicht mehr in der Lage gewesen, überhaupt nur ein bisschen geradeaus zu gucken! Ich setzte mich zu ihr: „»Weißt du, Biggi, isch weisch auch nisch, wasch hier los ist. Habe nicht viel getrunken, hicks, der Wodka ist hier richtig gut. Außerdem wolltest du auf misch aufpaschen.“«
Sie lachte und sagte: „»Sehr witzig, wie soll ich das machen, wenn du ständig unterwegs bist? Du bleibst jetzt hier!“«

Wie ein kleines Kind saß ich brav neben ihr, während man mich mit Wasser und Kaffee abfüllte. Martin war auch unterwegs und begrüßte seine Kollegen. Nach einer Weile saß er wieder an unserem Tisch, er sah mich nicht mal an. Dass ich am Tisch saß wie ein Heimkind, gefiel ihm überhaupt nicht. Er sah kurz rüber und schüttelte den Kopf.

Irgendwann konnte ich einigermaßen geradeaus gucken und ich ging zum Tanzen. Aber das half auch nicht gegen meinen Schmerz im Herz. Also torkelte ich wieder Richtung Tresen, musste mich betäuben. Mit meiner Medizin bewaffnet schlenderte ich durch den Saal. Unterwegs traf ich John, der sich angeregt mit einem Kollegen unterhielt. Ich platze einfach in das Gespräch und hielt mich krampfhaft an Johns Schulter fest, sonst wäre ich umgefallen.

Er lächelte mich wieder an und fragte:“ »Na, alles frisch?“«
Ich nickte. Nach einiger Zeit ging ich weiter. So verging der ganze Abend, bis es ruhig wurde im Saal. Die Kapelle hatte aufgehört zu spielen und die Leute versammelten sich um die Bühne herum. Als unser Gebietsdirektor auf die Bühne ging, wurde geklatscht und gewartet, was nun passieren würde.

Na klar. Die Ehrung hatte ich ganz verdrängt! Es wurden die Helden aufgerufen inkl. meinem John und meiner Biggi. Ich stand etwas abseits und war mächtig stolz auf die beiden. Nach der Ehrung wurde eine Kollegin aufgerufen, die dann strahlend auf die Bühne ging. Man gratulierte ihr nachträglich zum Geburtstag.

Dann dröhnte aus den Lautsprechern:“ »Ja und dann haben wir heute ja noch ein Geburtstagskind unter uns. Unsere liebe Chiara, die vor 5 Minuten 30 Jahre jung geworden ist.“«
Mir stockte der Atem und ich war auf einen Schlag „»fast“« nüchtern. Ein lauter Applaus dröhnte durch den Saal und man wartete nun darauf, dass ich lächelnd aus der Menge hervortrat.

Das mit dem Lächeln würde ich ja vielleicht noch hinbekommen, aber der Rest. Ohje, das gibt Ärger. Ich versuchte gerade und stolz die Bühne anzupeilen. Ich setzte schnell noch ein Lächeln auf und steuerte die Treppe an. Die Treppe grinste mich an und sagte leise:
„»Komm doch, du wirst gleich fallen. Deine Absätze sind viel zu hoch und der Wodka rotiert in deinem Körper.“« Ich setzte den Fuß gekonnt auf die erste Stufe, sah mich um und sah Biggi und Martin, beide die Augen weit aufgerissen. Ich lächelte und griff nach der Hand, die man mir reichte. Ich bekam einen Strauß Blumen und bedankte mich nett und freundlich. Nach einigen Minuten war die Show zu Ende und ich stürmte auf den Tresen zu. Auf diesen Schreck brauchte ich einen Wodka. Im Spiegel, der am Tresen hing, konnte ich sehen, dass Martin auf mich zusteuerte. Er nahm mich kurz in den Arm und gratulierte mir. Danach ging er auch gleich wieder. Ich wusste Bescheid, er war stinksauer. Und irgendwie konnte ich das verstehen.

Irgendwann gegen Morgen fuhr ich mit dem Taxi ins Hotel. Ich holte meinen Schlüssel ab und kletterte die Stufen hoch. Hinter mir hörte ich eine Stimme: „»Ach, Frau Matun, das wurde für sie abgegeben.“«
Ein kleines Päckchen wurde mir überreicht. Im Zimmer angekommen, sah ich erst auf mein Handy, keine Nachricht. Frank hatte mir nicht mal zum Geburtstag gratuliert. Ich setzte mich aufs Bett und öffnete das Geschenk. Es waren Ohrringe, sogar sehr schöne. Ich las dann die Karte:

„»Liebe Chiara, zu deinem Geburtstag heute alles erdenklich Gute, viel Glück und Gesundheit. Sei lieb umarmt und sanft geküsst, dein Martin!“«

Ich legte die Ohrringe auf meinen Nachtisch, mich aufs Bett und schlief dann irgendwann ein.

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem fiesen Kater auf. Ich sah als erstes auf mein Handy, aber wieder keine Nachricht.
Ich war traurig, sauer und enttäuscht. Ich fragte mich immer öfter, ob ich mir den Frank nur einbildete und es ihn in Wirklichkeit gar nicht gab …
Nachdem ich mich einigermaßen hergerichtet hatte, machte ich mich auf den Weg nach Flensburg, um meine Schwester abzuholen. Wir wollten zusammen meinen Geburtstag feiern.

Nach fast vier Stunden auf der Autobahn und mit meiner Schwester im Gepäck, fuhr ich meine Auffahrt hoch … ich traute meinen Augen nicht. Meine kompletten Fenster waren mit bunter Farbe bemalt und überall war die Zahl „»30“« zu sehen. Na klasse, wer macht denn so was? Nun wusste das ganze Dorf, dass ich zu den alten Schachteln gehörte.

Ich war so froh, dass meine Schwester da war. Ich umarmte sie und wollte sie nicht mehr loslassen. Das war mein bestes Geschenk, denn wir hatten sieben Jahre keinen Kontakt und durch einen Zufall hatten wir uns Flensburg in einer Kneipe wieder gesehen, als ich mit Frank unterwegs war.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Rückblick

Die letzte Hose in der Tasche verstaut, nun weürden meine 4 vier Mädchen gleich abgeholt werden. Sie feierten das erste Mal Silvester mit ihrem Vater,, seit unserer Trennung vor 9 neun Jahren.
Irgendwie freute ich mich schon auf einige Stunden für mich, und andererseits vermisste ich sie schon jetzt. Wir schleppten die Reisetaschen runter ins Wohnzimmer und legten die Raketen drauf. An alles gedacht? Nichts vergessen? Wir setzten uns auf den Holzfußboden im Wohnzimmer und redeten noch ein wenig, bis es an der Tür klingelte. Tina kam, um die Kinder zu holen. Tina war die neue Frau meines Ex –-Mannes, 7 sieben Jahre sind waren sie nun schon zusammen. Solange habtte ich es nicht ausgehalten mit ihm. Kevin war ein liebevoller Mann, aber sehr unruhig und teilweise auch zu hektisch. Damit konnte ich auf Dauer nicht leben. Aber Tina schien damit umgehen zu können. Tina begrüßte mich mit einer Umarmung und irgendwie spürte ich immer eine Ablehnung. Ich war mir sicher, dass ihr Lächeln und ihre nette Begrüßung nie ehrlich waren. Sie beobachtete mich viel oft und, wenn ich zu ihr rüber sah, schaute sie weg.
Wir setzten uns noch einen Augenblick ins Wohnzimmer und rauchten eine, bis sie dann mit den Kindern fuhr.

Ich schloss die Haustür hinter ihnen und sah mich um. Es war verdammt ruhig hier. Ungewohnt. Ich kochte mir einen Cappuccino und setzte mich mit meinen Zigaretten auf den Fußboden im Wohnzimmer, vor der die Musikanlage. Nachdem ich die Platte von Cat Stevens startete gestartet hatte, wanderten meine Blicke durch den Raum.
Vor genau einer Woche strahlte hatte dieser Raum noch Wärme ausgestrahlt. Es roch nach frischen Keksen, Weihnachtsmusik lief, und ich stand in der Küche mit meinen Kindern und bereitete die Gans vor. Sie waren aufgeregt, denn dieses Weihnachten sollte ganz besonders werden. Wir feierten nicht alleine, wie die Jahre zuvor, sondern wir bekamen Besuch.

Wir wollten in die Kirche gehen, am Heilig Aabend und Frank sollte mit. Er wollte gegen 16 Uhr hier sein und ich stand schon gegen 15 Uhr vor dem Küchenfenster. Ich freute mich auf ihn, obwohl ich keinen Grund dazu hatte. Frank und ich hatten lernten uns im Sommer kennengelernt. Ich verliebte hatte mich in ihn verliebt. Oder eher gesagt, ich liebte ihn. Ja, das Gefühl hatte ich lange nicht mehr, was er in mir auslöste. Er war intelligent, nett, höfflich, lieb und ein richtiger Mann. Er war 17 Jahre älter als ich, doch das störte mich nicht. Im Juni fing es mit uns an und ich konnte keinem von uns erzählen. Wir arbeiteten in derselben Firma und er hatte eine höhere Position. So schwiegen wir und trafen uns heimlich, fuhren zusammen in den Urlaub und genossen die Zeit einfach nur. Er war nicht einfach und ich zu verliebt. Es gab Stress und ich war dann immer wie gelähmt, anstatt offen und ehrlich zu sagen, was ich daenkchtee und fühlte. Nach unserem letzten Urlaub auf Usedom im August, spürte ich den Abschied. Er meldete sich einige Tage nicht und ich konnte ihn nicht erreichen. Ich schrieb ihm SMS, doch es kam keine Antwort von ihm. Ich weinte heimlich, und wenn er dann bei mir war, tat ich so, als wäre seine Abwesenheit ganz normal. Ich hatte gelitten.

Nach unserem Urlaub im August träumte ich in einer Nacht von ihm. Im Traum sah ich ihn mit einer anderen Frau. Ich wachte auf und war verwirrt. Ich wollte es nicht wahr haben, aber der Traum war so echt, dass ich mir nun immer wieder sagte:“ »er Er betrügt dich“!«
Ich schrieb viele Briefe, die er aber nie erhielt.

Der Sommer verging, doch die Trauer blieb. Im September hatte ich dann meine erste OP am Bauch. Auf diesen Termin hatte ich schon so lange gewartet. Es sollte endlich wieder schön gemacht werden, was mal ein anderer Arzt versaute, bei einer Unterleibs-OP. Und dennoch hatte ich wahnsinnige Angst davor. Ich ließ mich von Jörg, einem guten Kumpel, in die Klinik fahren und hätte mir so sehr gewünscht, dass Frank dabei wärewar. Aber er war nicht da.

Ich saß nun auf meinem Bett und hatte gerade eine Beruhigungsspritze bekommen, da piepte mein Handy. Eine SMS von meinem Chef Martin. Er wünschte mir alles Gute und daenkchtet an mich. Wie lieb, jedenfalls immerhin einer, der an mich denkt. Martin lernte ich 2002 auf einem Seminar unserer Firma kennen. Als neuer Direktor von Hamburg wollte er sich ein Bild über die Schulungsweise der Firma machen. Seit 3drei Monaten war er nicht mehr nur Kollege, sondern mein Chef. Ich habe ließ mich nach Hamburg versetzen lassen, da ich in Neumünster heftige Differenzen mit einer Kollegin hatte. Nun fuhr ich seit 3 drei Monaten jeden Tag nach Hamburg ins Büro und am Abend wieder zurück.
Auch Martin wusste nichts von Frank, obwohl er sonst alles von mir wusste. Martin war verheiratet und hatte 2 zwei Mädchen. Das war auch der Grund für unsere Trennung. Ich hatte seiner Familie gegenüber ein schlechtes Gewissen und nicht das Recht, diese Familie kaputt zu machen. Wir trennten uns im Sommer und ich fiel in die Arme von Frank. Martin versuchte es immer wieder, reichte die Scheidung ein und kämpfte um mich. Doch mein Herz war schon woanders. Er tat mir leid, weil ich ihn belogen hatte, weil ich ihm nicht sagen konnte, was passiert war.

Bevor ich nun in den OP - Saal geschoben wurde, schrieb ich Frank noch eine SMS. Ich schrieb ihm, dass ich Angst häabtte und am liebsten gehen würde. Er schrieb komischerweise schnell zurück::“ »Bleib stark, halte durch. Du wirst es nicht bereuen, dein Bauch wird danach ganz toll aussehen. Denk an den Bikini, den ich dir auf Usedom gekauft habe. Denk dran, wie schön du darin aussehen wirst.“« Ich fing an zu weinen, „»Usedom“« war das Schlagwort. Ja, wie glücklich ich da noch war; und das war gerade 2 zwei Monate her. Die Sonne schien und ich lief Hand in Hand mit ihm am Strand. Wir lachten, tranken Wein und Sekt am Strand und träumten uns unsere Zukunft zu Recht.
Ich hing an seinen Lippen, verlor mich in seinem Blick und verliebte mich in der Stunde 60 Mal neu in ihn.

Nun lag ich auf dem OP-Tisch, mir war kalt. Der Arzt lächelte mich an und erzählte mir, was er alles machen wüirde. Ich blieb die ganze OP über wach und bekam alles mit. Ich weinte- vor Freude und gleichzeitig,, weil ich wusste, dass Frank und ich vor dem Ende standen.

Zwei Stunden nach der OP klopfte es an meiner Zimmertür. Es war Martin. Ich war überrascht, obwohl es typisch für ihn war. Er lächelte mich besorgt an und nahm mich vorsichtig in die Arme. Ich konnte mich kaum bewegen, denn die Wunde schmerzte. Martin wollte mich sehen und nach Hause bringen. So rief ich Jörg an und sagte ihm, dass er mich nicht zu holen brauchte. Martin half mir, mich vorsichtig in meine Klamotten zu werfen. War gar nicht so einfach, denn der Verband um meinen Bauch ließ mich aussehen, als wäre ich im 8 achten Monat sSchwanger.

Zu Hause angekommen, kam meine Tagesmutter mit den Kindern rüber, und als sie mich sah, nahm sie die Mädchen gleich wieder mit. Sie war eine Perle, was würde ich nur ohne sie machen?
Martin blieb noch einen Augenblick und half mir, meine Tasche auszupacken und den Verband zu wechseln. Dann fuhr auch er und ich saß alleine im Haus und weinte.

Frank meldete sich in den nächsten Wochen fast gar nicht mehr, und mich ließ der Traum nicht los, den ich im August hatte. Ich redete viel mit meiner Schwester und legte mir täglich die Karten. Man könnte auch sagen, ich machte mich selbst verrückt. Ich weinte, schlief kaum


noch, schrieb endlos lange Briefe, die er aber nie erhielt, und träumte von dem Sommer – unserem Sommer.

Draußen machte sich der Herbst breit. Mir ging es seit Wochen nicht so gut, ich war ständig müde, kaputt und irgendwie sah ich ziemlich blass aus. Ich ging dann endlich mal zum Arzt und bekam, nach einigen Untersuchungen, eine Überweisung für die Klinik. Verdacht auf Leukämie. Bingo, dass auch dasauch noch. Ich erzählte es niemanden, versuchte, es zu verdängen.
Die Überweisung für die Klinik verschwand im Handschuhfach meines Wagens, als hätte es diese sie nie gegeben. Ich bekam Angst.

Wie ferngesteuert fuhr ich jeden Morgen um halb Acht nach Hamburg ins Büro, stieg vor meinem Haus ins Auto und vor dem Büro wieder aus. Ich zog mich zurück, redete nur das nötigste mit meinen Kollegen und meinem Verkaufsleiter John.
John und ich gingen jeden Mittag rüber zum Chinesen. Dort redeten wir über alles Mögliche, nur an diesem Tag nicht. Er sah mich an und fragte, ob er mir helfen kaönne?
Ich schielte zu ihm rüber und sagte, dass ich nicht weißwüsste, was er meinte?!. Er sah mich besorgt an und sagte:“ »Chiara, du stehst seit einiger Zeit neben dir, lachst nicht mehr, ziehst dich zurück. Du bist nicht mehr du. Was ist los mit dir?“«
„» Ich bin müde und ich muss mich erstmal an das Fahren gewöhnen. Mehr nicht, ist alles in Ordnung!“«
Dass er mir nicht glaubte, sah ich ihm an, doch er ließ es im Raum stehen und fragte nicht mehr.

Der September neigte sich dem Ende zu und der Oktober kam mit großen Schritten. Mein Geburtstag stand vor der Tür, und ich sollte in diesem Jahr 30 werden und fühlte mich wie 12.
Am 2. Oktober sollte das große Fest unserer Firma stattfinden. In Hamburg und im Stil der Zwanziger20er- Jahre. Also machte ich mich mit meiner Arbeitskollegin und Freundin Biggi, auf demn Weg zur Kostümverleihung in Hamburg. Ich glaube, wir brauchten 3 drei Stunden, bis wir das hatten, was wir wollten. Ich entschied mich für ein kurzes Charlstonkleid und einer schönen Federboa.
Für John nahm ich ein Hemd und ein Sakko mit, er hatte nämlich den Bürodienst übernommen für mich.


Zurück im Büro schrieb ich Frank eine SMS und erzählte ihm von meiner Beute.
Alle 5 fünf Minuten sah ich auf mein Handy, auch während der Kundengespräche, aber es kam nichts. Ich war wütend und traurig. Ich nahm mir vor, ihn am Abend im Büro anzurufen, wenn John Feierabend gemacht hatte.
Am Abend saß ich nun vor dem Telefon und wählte in Gedanken seine Nummer. Ich fragte mich, was er sagen würde, wir hatten ja schließlich seit 2zwei Wochen keinen Kontakt mehr. Wie würde er reagieren? Würde er überhaupt abnehmen? Ich rauchte eine nach der aAnderen, was im Büro strikt verboten war, und daran hatte ich mich bis jetzt auch immer gehalten.

Anstelle von Franks Nummer, wählte ich die meiner Schwester „Corinna“ , um Mut zu tanken. Ich erzählte ihr von dem Kleid und dass ich vorhatte, Frank anzurufen. Sie meinte, ich solle ganz locker anrufen, fragen, wie es ihm geht usw.! Na klasse, die Idee hatte ich auch schon. Nach einer halben Stunde rief ich Frank dann endlich im Büro an.

Er wirkte überrascht und fragte ganz freundlich, wie es mir gehtging?. Was ich mache? Wie die Arbeit im Büro istsei?! Ich antwortete ihm und versuchte dabei nicht zu stottern. Ich fragte ihn, was er so machten und was er am 2ten zweiten Oktober anziehen wüirde. Es war ruhig am anderen Ende und mir war da schon klar, dass er gar nicht vorhatte, überhaupt zu erscheinen.
„»Ich überlege mir das noch, was ich anziehe, außerdem kommt es drauf an, was nun aus Bremen und Hamburg wird!“«

Frank war Verkaufsdirektor in Flensburg und hatte das Angebot bekommen, Bremen als Gebietsdirektor zu übernehmen. Das wollte er schon immer, aber nicht Bremen, er wollte Hamburg. Doch Hamburg wollte man ihm nicht geben. Frank war ein Arbeitstier, es gelang ihm, als Verkaufsdirektor die nördliche Region wieder nach vorne zu bringen. Es musste jedes Jahr der 1ste erste Platz sein. Das brachte Neider mit sich und man nannte ihn oft und gerne den „»Sklaventreiber“«! Seine Mannschaft stand hinter ihm, aber dennoch gab es Reibungspunkte. Wenn dieser so genannte „»Sklaventreiber“« nun die Führung der ganzen Region übernehmen sollte, war klar, was passieren würde. Es würde Kämpfe geben, es würden Köpfe rollen, Neider, Machtspiele usw., Politik halt! Am Anfang hätte ich ihm Hamburg gegönnt, weil ich das alles noch nicht durchblicken konnte. Durch unsere Gespräche, die wir im Sommer auf Usedom hatten und bei unseren anderen Treffen, kristallisierte sich für mich eher Bremen heraus. Ich hatte immer mehr verstanden, was der Sinn und Zweck war, dass man ihm Bremen anbot. Man wollte ihn weghaben, er sollte das Gebiet wechseln. Man kannte ihn und es war so klar, was passieren würde, wenn man ihn in sein eigenes Nest setzen würde. Bei der ganzen Überlegung, ob nun Bremen annehmen, wenn Hamburg nicht geht oder lieber in Flensburg bleiben, spielte unsere Beziehung eine Rolle. Was sollte aus uns werden? Bremen wäre iIdeal gewesen, ich war eh schon in Hamburg und
überwiegend in Buxtehude, ich müsste meinen Job nicht kündigen, wenn er in Bremen Gebietsdirektor werden würde. Es war ja eine andere Region. So konnte uns die Firma in dieser Hinsicht schon mal gar nichts!

Tja, aber was wiürde passieren, wenn er Verkaufdirektor bleiben würde, in Flensburg? Er wusste es nicht und ich auch nicht. Unsere Gedanken drehten sich ständig um dieses Thema. Ich kann mich erinnern, dass wir auf Usedom am Strand saßen und aufs Wasser schauten. Wir waren still und jeder von uns schickte seine Fragen und Gedanken aufs Meer hinaus.

„»Chiara, nehmen wir mal an, ich würde in Flensburg bleiben und wir wollten uns –- und keinen anderen, würdest du mit deinen Mädchen nach Flensburg kommen? Würdest du dann deinen Job für mich aufgeben? Ich kann dich ja nicht einstellen, wenn wir offiziell eine Beziehung haben.“«
Er sah mich an. Ich lächelte und sagte:„ »Ja, dass würde ich tun! Ich würde meinen Job aufgeben und mir in Flensburg was suchen.“«
Dann sah ich aufs Meer und war über meine Antwort erschrocken. Doch er unterbrach mich, indem er sagte:“ »Wir brauchen dann ein Haus mit Garten, denn meine Wohnung wird für uns nicht reichen. Das wird dauern, bis wir das richtige Haus gefunden haben. Ich will es nicht mieten, sondern kaufen, und so was braucht Zeit. Vielleicht können deine Mädchen erst mal bei der Tagesmutter oder ihrem Vater bleiben und du kommst hoch und kümmerst dich um Arbeit, und wir suchen zusammen ein Nest für uns?!“«
Darauf hatte ich keine Antwort, nur eine Frage:“ »Ich soll ohne meine Kinder gehen?“«
Darauf dachte ich ne Weile rum und wusste nicht, was ich machen sollte.


Es war still am anderen Ende. Ich fragte ihn, wie es ihm gehe? Dass ich ihn vermisse und gerne wieder sehen würde. Es kam nichts. Irgendwann fragte er mich, ob es mir in Hamburg gefallen würde und ob ich immer noch nach Flensburg ziehen wolle? Ich bejahte diese Frage.
„»Es wird nicht einfach für dich sein, Chiara. Der Arbeitsmarkt sieht in Flensburg nicht rosig aus und …« Er stockte kurz und sagte dann: »Chiara, ich bin 17 Jahre älter als du, du kannst dir doch einen jüngeren nehmen. Was willst du von so einem alten Knacker wie mir?“« Er redete und redete und in Gedanken konnte ich mitreden, denn ich kannte jedes Wort, was er jetzt sagte. Ich holte Luft und unterbrach ihn:“ »Sag mal, merkst du nicht, dass ich dich liebe und nur dich will? Dass ich nur darauf warte, dass du nun endlich eine Entscheidung triffst? Merkst du nicht, dass ich hier auf Umzugskartons sitze und nicht weiß, ob ich die Autobahn rechts oder links runterfahren soll?“«
Nun unterbrach er mich:“ »Wie meinst du das? Du weißt nicht, ob rechts oder links runter? Überlegst du, ob du ganz nach Hamburg ziehen sollst? Warum sagst du mir das nicht?“«
Huch, stimmte, ich hatte ihm noch nichts von meinen Gedanken erzählt. Sie waren ja auch noch ganz frisch und ich war mir ja auch noch nicht sicher. „»Weißt du, Frank, wenn du dich mal auf meine SMS und Anrufe gemeldet hättest, hättest du es schon gewusst. Aber es kam nichts von dir und ich weiß nicht, was aus uns werden soll und wird. Ich muss für mich jetzt eine Entscheidung treffen und das bald!“«
Er bat um etwas Zeit und ich sollte nicht so schnell handeln, in der 1sten Oktoberwoche wüsste er mehr. Er wolle demnächst nach Bremen fahren und sich das Gebäude und die Umgebung ansehen und fragte, ob ich mitkommen wollte. Wir könnten ja ein Wochenende dafür einplanen. Okay, ich war dabei. Dann beendeten wir das Gespräch und ich saß noch eine Weile an meinem Schreibtisch und dachte darüber nach.